Die Geschichte der Geothermie in Europa

Die Nutzung der Geothermie war neben dem Feuer die erste Energiequelle, die frühzeitlichen Menschen zur Verfügung standen. Heiße Thermalquellen existierten in nahezu allen besiedelten Gebieten der Erde und wurden für die Zubereiten von Speisen oder spirituelle Riten herangezogen. Die systematische Nutzung dieser Quellen begann unter den Römern indem sie die Thermalbäder begründeten. Die Nutzung von Thermalquellen hatte einen sehr hohen Stellenwert, sodass römische Siedlungsgebiete bevorzugt in der Nähe von Thermalquellen errichtet wurden. Heutige Städte wie Baden bei Wien oder Wiesbaden (Deutschland) lassen sich auf römische Siedlungsnamen zurückführen. Nach dem Untergang des römischen Reichs ging das Wissen um die Nutzung der Geothermie weitgehend verloren. Erst durch die Eroberungsfeldzüge der Osmanen wurde die Tradition des Thermalbads wieder nach Europa getragen – die ältesten Thermen in Budapest bezeugen hiervon.

 

Das „erste geothermische Nahwärmenetz“ wurde übrigens bereits im 14. Jhdt. In Chaudes-Aigues (Zentralfrankreich) errichtet. Heiße Quellen im Bereich von 40°C bis 80°C (heißeste natürliche Quelle Frankreichs) wurden gefasst und über Rohrleitungssysteme für die Beheizung von Gebäuden, der Kirche sowie für einfache industrielle Prozesse in Gerbereien und in der Wollproduktion genutzt. Betrieben wurde das „Nahwärmenetz“ vom örtlichen Lehensherren, der als erster Energieversorger in die Geschichte einging, zumal die Dorfbewohner für die Wärme bezahlen mussten.

 

Die Wiege der energetischen Nutzung der Geothermie liegt jedoch in der Toskana: In der Nähe von Volterra wurden bereits ab dem 18. Jhdr. Lagoni errichtet. Hierbei handelte es sich um kleine Becken von Brackwasser wo heißer Dampf bei über 100°C entweicht und für das Extrahieren von Schwefel, Vitriol und Alaun verwendet wurde. Im 19. Jhdt. wurden diese Pools dann bedeckt um die Wärme der Thermalwässer für die Mineralgewinnung besser nutzen zu können. Diese technische Erneuerung ging auf den französischen Industriellen Lardarel zurück, der die Ortschaft Lardarello gründete um Bor aus den heißen Thermalquellen zu gewinnen. Nach Erfindung der Dampfmaschine wurde der Heißdampf der bedeckten Largoni in der zweiten Hälfte des 19. Jhdt. genutzt um Pumpen anzutreiben, die das heiße Wasser zur Wärmeversorgung der anliegenden Wohngebäude nutzten. 1905 wurde ein weiterer Meilenstein in der geothermischen Energiegewinnung in Lardarello erreicht: Prinz Ginori Conti koppelte die Dampfmaschine mit einem elektrischen Generator und versorgte 5 Glühbirnen mit Strom. Obwohl er für das nachfolgende Jahr ein elektrisches Kraftwerk mit einer Leistung von 20kW ankündigte begann die kommerzielle Stromgewinnung mit einem 250 kW Nassdampf Generator erst 1913. Lardarello ist somit der Geburtsort der geothermalen Stromgewinnung.